Jahresrückblick 2020

Ich könnte diesen Blogeintrag anfangen wie fast alle Rückblicke: Es war ein schwieriges und seltsames Jahr. Aber das wisst ihr ja schon.

Schönste Momente des Jahres: Gab es doch auch sehr viele. Viele kleine, die mich lächeln lassen, aber auch viele große, schöne: Der Kurzurlaub im März, kurz vor Corona. Der Heiratsantrag meines Liebsten im Sommer. Ein paar sehr schöne Abende am Feuer mit Freunden. Der Herzensbruder zu Besuch. Sternschnuppen-schauend auf der Terrasse liegen. Unser erstes Spiel gemeinsam mit einem anderen Paar. Unser erster Vierer.

Der Film des Jahres: Ich habe Netflix entdeckt. Muss ich mehr sagen? Aber, erstaunlich für mich: Der Hobbit, natürlich extended Version und auf englisch.

Das Buch des Jahres: Bellenium-Saga, damit hat das lesen endlich wieder angefangen, Spaß zu machen.

Das Jahr war geprägt von Schmerzen, Selbstmitleid, Taubheit und Ängsten. Nicht gerade eine tolle Mischung und genau so hat es sich auch angefühlt. Durch meinen für mich sehr anstrengenden und erschöpfenden Beruf und die Kündigung Anfang des Jahres kann ich mich ehrlich gesagt an nicht mehr viel erinnern, was das Frühjahr betrifft. Ich war viel bei Ärzten, Ämtern, Therapeuten, bis endlich mal klar war, wie und was laufen kann und was nicht, habe unzählige Anträge verfasst, diverse Formulare ausgefüllt und sehr oft und sehr viele Diagnosen kopiert und verschickt.

In meinem engsten Kreis passierten auch heftige Dinge, in die ich sehr involviert war, die ich hier aber nicht weiter ausführen möchte, das greift zu sehr in das Privatleben eines anderen ein. Ich war also nicht direkt betroffen, aber natürlich nahm es mich auch sehr mit und zeigte seine Spuren.

So langsam besser wurde es erst allmählich: Ja, wir hatten Lockdown und ich „musste“ endlich kein schlechtes Gewissen mehr haben, weil ich ja „nur“ daheim bin. Ich war viel laufen, machte generell viel Sport, war so oft draußen, wie es nur ging, pusselte im Garten herum und holte mir dabei die eine oder andere Blase, Muskelkater und sonstige Blessur – und hatte Spaß dabei. Gleichzeitig flatterten Briefe und Beurteilungen herein, denen ich teilweise widersprechen musste, um etwas zu erreichen, mit Behörden verhandeln und telefonieren ist nicht gerade meine Lieblings-Beschäftigung. Da hatte ich aber immer Hilfe vom Russen und auch von meinem Sachbearbeiter bei der Krankenkasse.

Ich hatte leider auch sehr oft Kopfschmerzen, war erschöpft, lethargisch oder auf der anderen Seite fast schon hyperaktiv. Den Mittelweg gab es so gut wie nicht – und das kennzeichnet das Jahr auch sehr.

Die Yoga-Ausbildung wurde erst im Juni wieder aufgenommen, hauptsächlich online – aber endlich wieder Yoga, endlich wieder Anregungen und etwas tun können.

Im Sommer konnte ich viele Dinge, die ich tun wollte, nicht durchführen. Geplant waren Tage im Garten, Bergtouren, 10 km joggen, gerne auch mal längere Touren, viel Yoga. Ich schaffte eine Bergtour und 7 km joggen, mehr ging einfach nicht. Ich bekam einen heftigen Infekt, mit dem ich länger zu kämpfen hatte und danach kam mein chronisches Erschöpfungssyndrom wieder voll raus. Mein Körper zog also immer wieder und immer mehr den Stecker, liess mich wissen, dass etwas nicht richtig lief. Aber was? Ich hörte doch auf mich, ich schonte mich, ich tat fast nichts mehr. Ja, ich versank im Selbstmitleid, in der Lethargie, der Schonhaltung, der Abstumpfung.

Im Herbst, kurz vor dem zweiten Lockdown, geschahen sehr seltsame Dinge: Mir wurden Yoga-Gruppen angeboten. Menschen kamen auf mich zu und wollten, dass ich unterrichte. Ich hatte vorher 1x / Monat in einem Studio Stunden angeboten und ging dort auf 1x / Woche hoch mit einem „Sensual Yoga“, bei dem der Schwerpunkt auf Körperwahrnehmung und Body-Positivity liegt. Die Schul-Leiterin, bei der ich lerne, bot mir einen Tag in der Woche dort an. Und – als wäre das noch nicht genug – fragten mich die Mädels bei Twitter, ob ich sie denn nicht unterrichten könnte. Ich bin ein Mensch, der an Zeichen glaubt und gleichzeitig ungeheuer blind sein kann, was oder wer diese Zeichen sind. Diesmal musste sogar ich zugeben, dass das sehr eindeutig ist. Ich unterrichte also momentan online Yoga-Gruppen und bin jedesmal aufs Neue schweißgebadet vor Nervosität und dankbar, dass mir so viele Menschen das zutrauen und da mitmachen. Danke. Euch allen. Ihr wisst nicht, was das für mich bedeutet.

Gleichzeitig war das die Zeit, in der mein Kater Sternchen verschwand, zu dem ich eine ganz tiefe Bindung habe. Er ist bis jetzt noch nicht wieder aufgetaucht und das kleine Fellknäuel fehlt mir immer noch.

Im Dezember war ich für 6 Tage in einer Schmerzambulanz, in der sogenannten „Basis-Gruppe“. Man ist 2 Tage / Woche da und es ist ein Multi-Modul, d.h. es werden viele Aspekte abgedeckt. Man wird betreut von Ärzten, Physiotherapeuten, Sporttherapeuten, Psychologen, hat viel Bewegung und immer wieder theoretische Module, in denen verschiedene Bereiche erklärt werden. Mir hat es enorm geholfen und die Augen geöffnet. Ja, ich habe diese chronischen Kopfschmerzen, ja, ich habe das Erschöpfungssyndrom und beides ist und wird schwierig zu behandeln. Aber ich kann lernen, damit besser umzugehen. Ich bekomme ein sogenanntes Spiegel-Medikament gegen den Schmerz, das endlich wirkt, d.h. ich habe weniger häufig Schmerzattacken und das hebt den Lebensstandard schon mal sehr an.

Und gleichzeitig schickten sie mich zur Bewegung. Mein Frustabbau, mein Selbstwertgefühl, mein Körpergefühl, meine ganz eigene Regulation …. all das läuft sehr stark über Bewegung, die ich dieses Jahr mehr und mehr einschränken musste. Entsprechend entmutigt, launisch, aggressiv und traurig war ich und fand das alles sehr ungerecht. Mag sein, aber dadurch wird es weder besser, noch geht es weg. Ich muss also endlich mal das, was ich meinen Schülern immer predige, selber wahrmachen: Achte auf DICH. DU bist die Richtschnur und die Schule, nach der Du übst. Wenn joggen nicht geht, dann walke ich eben. Wenn walken nicht geht, gehe ich spazieren. Wenn spazieren nicht geht, gehe ich zumindest in den Garten und mache Atemübungen. Alles ist besser als im Selbstmitleid und Taubheit zu versinken.

Und damit sind wir auch schon bei den Vorsätzen und den Wünschen für 2021.

Was ich mir wünsche (für alle)? Frieden, innerlich wie äußerlich. Stillstand, einfach mal die Zeit und die Ruhe zu haben, innezuhalten, durch zu atmen. Frei von Ängsten zu sein. Die Kraft zu haben, immer weiter zu gehen. Das Wissen und die Intuition zu haben, wann es Zeit ist, nichts zu tun oder umzudrehen. Nicht alles immer für mich und nur für mich, sondern für uns. Muße zum in die Luft gucken, Schneeballschlachten zu machen, Blumen zu pflücken, Die Freude an den kleinen Dingen, an Sonnenschein, Schneeflocken, Regentropfen, Nebel, an grünem Gras, an bunten Blüten. Das Vertrauen zu haben, dass es immer irgendwie weiter geht und das Urvertrauen, dass wir nicht immer alles in der Hand haben. Und dass das etwas Gutes ist. Ein Lächeln auf den Lippen, im Herzen und in den Augen. Gute Gesellschaft, keine Angst vor dem Alleinsein. Standhaftigkeit, aber auch die Weichheit, nachzugeben. Weniger Helden und Therapeuten und Coaches und Motivieren, mehr Freunde und Weggefährten und Miteinander.

Meine ganz persönlichen Wünsche: Yoga, mehr davon. Eine Idee zu haben, wie es mit mir beruflich weiter gehen kann und soll. Gut zu mir selber zu sein, nachsichtig, aber nicht im Selbstmitleid, sondern aus einem tiefen Verständnis heraus. Verreisen, endlich mal wieder. Freunde treffen. Mich selber wieder mehr lieben können, einfach weil das so ist. Mehr Hand in Hand, mehr Vertrauen.

Meine Vorsätze: Weniger Selbstmitleid, mehr Tun. Mehr lesen, das fehlt mir. Besser ernähren, das habe ich dieses Jahr ziemlich vernachlässigt. Im Februar geht es in der Schmerzambulanz weiter und ich möchte in der Zeit versuchen, 12 Wochen keine zusätzlichen Schmerzmittel zu nehmen.

Ich habe keine Illusionen, dass dieses Jahr besser oder schlechter wird, nur weil eine andere Zahl da steht. Aber trotz allem symbolisiert es einen Neuanfang, ein Besinnen, ein Durchatmen und dann nochmal neu versuchen können. Und das wünsche ich uns allen.

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